[Ben Kitto 06] • Düster ruht die See by Penrose Kate

[Ben Kitto 06] • Düster ruht die See by Penrose Kate

Autor:Penrose, Kate [Penrose, Kate]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman-Krimi
ISBN: 9783104917139
Amazon: B0BJNRNSQ6
Goodreads: 86513177
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2023-05-24T07:00:00+00:00


35

Ruby weint noch immer, als Annie Hardwick sie ins Haus zerrt. Es fällt ihr leicht, Tränen abzurufen. Sie braucht nur an ihren Dad zu denken, der allein und seiner Würde beraubt im Gefängniskrankenhaus im Sterben liegt. Hardwick führt sie im Polizeigriff in ein Zimmer mit einfachen Möbeln. Der Tisch ist aus alten Gerüstbrettern gemacht, die Bänke aus Paletten, und in der Ecke steht ein rostender Ofen. Der Boden ist so schmutzig, dass seine letzte Reinigung Wochen her sein muss, und auch Hardwick selbst sieht ungepflegt aus. Sie hat sich die Haare abrasiert, ihr schwarzer Pulli weist lauter Löcher auf und die ausgebeulte alte Jeans zahlreiche Ölflecken, aber Ruby kann sehen, dass sie körperlich fit ist. Auf ihrem Unterarm verlaufen ausgeprägte Muskelstränge, und ihr Blick ist hellwach.

»Kipp deine Tasche auf dem Tisch aus«, befiehlt sie.

Ruby folgt ihren Anweisungen. Immer noch erschrocken darüber, dass sie ertappt wurde, sieht sie zu, wie die Frau ihre Sachen durchwühlt. Die ehemalige Polizistin schaut sich ihren Führerschein an und auch das Skizzenbuch, das Ruby als Alibi benutzt. Glücklicherweise steckt das Messer ihres Vaters innen in ihrer Jacke.

»Du bist ganz schön weit weg von zu Hause, Chloe Moore. Oder ist das ein Deckname?«, fragt Hardwick.

»Ich hab ja gesagt: Ich brauche einen sicheren Schlafplatz.«

»Blödsinn. Ich wette, du bist nicht allein. Wo sind die anderen?«

»Wovon sprechen Sie?«

»Was macht ein Mädchen aus Brighton auf dem Hochmoor von Bodmin?«

»Ich bin bei Pflegeeltern aufgewachsen. Jetzt will ich neu anfangen.«

»Erspar mir deine rührseligen Geschichten. Erzähl mir, wer dich geschickt hat, verdammt nochmal.« Hardwick packt sie am Arm. Ihr Griff ist so fest, dass er auf der Haut brennt. »Rede, oder ich hol die Polizei.«

»Sie tun mir weh.« Ruby lässt ihre Stimme noch verzweifelter klingen. »Ich bin weg, ohne irgendwem Bescheid zu sagen. Das Heim, in das sie mich gesteckt haben, war nicht sicher. Da hing nachts immer dieser Typ rum. Ich hatte Angst, dass er meine Tür aufbricht.«

Hardwick starrt sie an, aber Ruby spürt einen Hauch von Nachgiebigkeit. »Wann hast du zuletzt was gegessen?«

Sie quetscht noch ein paar Tränen hervor. »Heute Morgen, am Bahnhof.«

»Warum hast du nicht im Ort um Hilfe gebeten?«

»Ich bin keine Bettlerin. Ich kann für mich selbst sorgen.«

»Ach ja?«

»Lassen Sie mich gehen. Wenn ich Ihnen im Weg bin, kann ich im Wald schlafen.«

Hardwick betrachtet sie erneut eingehend. »Wir treffen eine Vereinbarung. Du schläfst eine Nacht in meiner Scheune und verschwindest morgen früh. Es gibt hier in der Nähe eine Jugendherberge; da kannst du unterkommen, bis du Arbeit findest.«

»Da wollte ich eigentlich auch hin, aber ich hab mich verlaufen.« Ruby schaut sich erneut in der Küche um, sie bemerkt die feuchten Flecken an der Decke und dass die Fliesen sich von der Wand ablösen. »Es ist toll hier. Ich kann verstehen, warum Sie das Haus wieder herrichten.«

»Das ist noch viel Arbeit, aber es wird.«

»Wie soll ich Sie nennen?«

»Gar nicht.« Der Körper der Frau spannt sich wieder an. »Du brauchst meinen Namen nicht zu wissen. Wir sitzen im selben Boot, Chloe. Ich war zu Hause auch nicht mehr sicher.«

Hardwick redet weiter, aber selbst jetzt sieht Ruby, dass sie sie nicht vollständig überzeugt hat.



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