[Ann Kathrin Klaasen 13] • Ostfriesennacht by Wolf Klaus-Peter

[Ann Kathrin Klaasen 13] • Ostfriesennacht by Wolf Klaus-Peter

Autor:Wolf, Klaus-Peter [Wolf, Klaus-Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman-Krimi
ISBN: 9783104904832
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2019-02-20T00:00:00+00:00


Jule war noch nie so wütend auf ihren Vater gewesen. Überhaupt war sie noch nie im Leben so wütend gewesen, nicht einmal, als Charlie etwas mit diesem Möchtegern-Stimmwunder angefangen hatte. Sie kannte sich so gar nicht.

Maximilian machte alles nur noch schlimmer, indem er ihren Vater praktisch in Schutz nahm und Entschuldigungen für ihn suchte.

»Er macht sich halt Sorgen um seine Tochter und ist so enttäuscht von mir, weil ich dieses Missverständnis mit der Versicherung nicht aus der Welt räumen konnte … Er hat halt überreagiert.«

So, wie Maximilian aussah, konnte er als Versicherungsvermittler in den nächsten Tagen keine Kundenbesuche machen. Jemand mit einem blauen Auge, dickem Gesicht, aufgeplatzten Augenbrauen und geschwollener Oberlippe war wenig vertraueneinflößend. Man fragte sich unwillkürlich, ob er denn selbst eine gute Versicherung hatte. Man wünschte sie ihm. Er erweckte Mitleid.

»Niemand schließt aus Mitleid Versicherungen ab«, erklärte Maximilian. »Ich muss vertrauenswürdig sein. Sachlich, kompetent und weitsichtig. Im Grunde wie ein guter Computer, nur eben sympathischer.«

Sie wollte ihn trösten. Sympathisch sei er immer noch, selbst so blau gehauen, aber nicht einmal das schaffte sie. Ihr war zum Heulen zumute, und sie spürte so irre Aggressionen gegen ihren Vater, dass sie ihn am liebsten geohrfeigt hätte, und dabei war sie strikt gegen Gewalt. Sie belegte ja gerade an der Uni ein Seminar Friedenserziehung im Kindergarten.

Jule sprach per Skype mit Maximilian. Sie konnte sein geschundenes Gesicht auf dem Bildschirm sehen. Ton und Bild kamen zeitverzögert. So, nicht lippensynchron, wirkten seine Kopfverletzungen noch heftiger, als sei etwas Grundsätzliches kaputtgegangen. Seine Nase sah dicker aus, als sie in Wirklichkeit war.

Sie streichelte den Bildschirm. Sie wäre jetzt so gerne bei ihm gewesen, wollte ihn zu gern liebevoll umsorgen. Ihm Tee kochen und für ihn da sein.

Der Weg von Emden nach Oldenburg schien plötzlich sehr weit, ja unüberwindbar. Für die neunzig Kilometer brauchte sie schon normalerweise gut eine Stunde oder mehr. Jetzt war auf der A 28 auch noch eine riesige Baustelle. Der Verkehr lief auf beiden Seiten nur einspurig. Das konnte Schritttempo bedeuten. Aber was viel wichtiger war, durch den Jobverlust hatte sie ihren alten Golf verkaufen müssen.

Der Sturm gestern hatte in ganz Norddeutschland den Bahnverkehr komplett lahmgelegt. Umgekippte Bäume lagen zwischen Hamburg und Berlin ebenso auf den Schienen wie zwischen Emden, Oldenburg, Bremen und Hannover. Da ging nichts mehr. Die Nachrichten waren voll mit Katastrophenmeldungen.

Vor Langeoog drohten tausendachthundert Tonnen Öl ins Wasser zu fließen, und der Bahnverkehr lag flächendeckend lahm. Es hatte Tote und Verletzte gegeben. Lediglich die ostfriesischen Fähren fuhren wieder. Aber Oldenburg ließ sich mit einer Fähre von Emden aus nicht gut erreichen.

»Was ist los mit dieser Welt?«, klagte Jule. »Alles geht kaputt. Können die Katastrophen nicht wenigstens vor meinem Privatleben haltmachen?«

Er lächelte, was mit seiner dicken Lippe ziemlich komisch aussah. »Also, als Katastrophe würde ich das jetzt nicht bezeichnen, dass unsere Wege sich gekreuzt haben. Es macht mich geradezu zum glücklichsten Mann der Stadt – ach, was sage ich – des Landes! Der Welt!«

»Das meine ich doch nicht! Ich fühle mich richtig mies. Schuldig! So, als hätte ich dir das



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