(Heli)opolis by Michael Häusler

(Heli)opolis by Michael Häusler

Autor:Michael Häusler [Häusler, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783844844771
Herausgeber: Books on Demand
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


XVIII. Kapitel

Intermezzo am Wannsee und

im Volkspark Friedrichshain

Wochen und Monate vergingen schliesslich. Heli hatte grosse gesundheitliche Fortschritte gemacht und konnte langsam wieder auf die Öffentlichkeit losgelassen werden. Beinahe fröhlich ging sie mit Waldemar Koslowski im Grunewald spazieren --- diesmal natürlich unter verschärfter Beobachtung und Bewachung. Eben schlenderten sie an der Krummen Lanke vorbei und schauten sehnsüchtig in das kleine Gewässer. Es war mitten im Sommer und es war angenehm warm. Alles schien friedlich, doch der Radius des Formenkreises der Angst wuchs unaufhaltsam von Tag zu Tag: Die Menschen hatten nicht nur Angst vor dem neuen, unsichtbaren, menschlichen Diktator Gorsky, sondern fingen bald an, neurotisch jeden beliebigen Menschen als einen seiner potentiellen Helfershelfer zu verdächtigen, und zu fürchten.

Man fühlte sich wie in einem Land der toten Seelen, so hatte es Heli vor kurzem einmal ausgedrückt.

Binnen weniger Monate war es dem Neo-Stalinisten Gorsky gelungen, einen nach innen und aussen geschlossenen Machtblock aufzubauen: Jeder misstraute jedem.

Es würde nicht mehr lange dauern, und seinen Anhängern wäre es gelungen, auch den öffentlichen Raum nach ihrer eigenen Glaubensüberzeugung einzurichten.

Sogar im lieblichen Grunewald selbst fuhren sporadisch schwere Panzer umher, auf deren Türmen Lasergewehre montiert waren. Alles wurde auch schon draussen überwacht. Und in dieser ungesunden Atmosphäre sollte die arme Heli nun ihre Genesung absolvieren und öffentlich für das Volk zelebrieren! … Hand in Hand bummelten Heli und Waldemar nun den Schlachtensee entlang und scheuchten die Wasservögel auf. Nur wenige Meter hinter ihnen folgten ihnen ihre Bewacher nach.

Der grosse Grunewald wimmelte vor Menschen. Die staatlich und parteilich organisierte Jugendaktion S:A.U.B.E.R. (S tudenten Aller Universitäten Beim Ehrenamtlichen Reinemachen) war in dieser Woche gerade angelaufen, und man sah Hunderte von jungen Mädchen und jungen Männern, die emsig damit beschäftigt waren, „freiwillig“ den Grunewald von Grund auf zu säubern; überall sah man sie harken, Papier aufklauben, Bäume und Hecken beschneiden. Und an allen Ecken und Enden sah man einen geisterhaft grinsenden Jugendlichen stehen, der den entgegenkommenden Passanten das neueste Parteiprogramm kostenlos zur Verfügung stellte. Heli war festlich angezogen, denn sie war Teil der „fröhlichen“

Propagandawoche, und sie wurde erwartungsgemäss auf Schritt und Tritt erkannt, und freudig bejubelt. Koslowski nahm es gelassen hin, wenn wieder einmal ein Jugendchor der Gorsky-Partei „zufällig“vorbeikam und intonierte:“Hoch lebe unsere liebe Genossin Herlinde Kopter, verdiente Repräsentantin des Weltfriedens und der immerwährenden Völkerfreundschaft!“ …

Wurden die jugendlichen Jubel-Sänger zu lästig, scheuchte Waldemar sie weg. Sie quittierten es jedes Mal mit einem leichten Missfallen, Waldemar mit einem fröhlichen Lächeln.

Einer von den jungen Partei-Fanatikern wagte es schliesslich doch einmal, Widerstand gegen Koslowskis Feindseligkeit zu zeigen:“Passen Sie bloss auf, Mann, treiben Sie es nicht zu weit mit Ihrer staatsfeindlichen Hetze gegen unsere Partei, auch Sie stehen nicht völlig über den Dingen; Ihre Berühmtheit hilft Ihnen da auch nicht weiter: Merken Sie sich: Niemand ist unersetzlich, auch Sie nicht! …Wissen Sie übrigens, was für Einträge inzwischen auf Fiesbook und über Voyeur-Phone über Sie zu lesen sind? Ganz und gar nicht schmeichelhaft, mein Lieber,det kann ik Ihnen flüstern… Was da alles über Ihre Machenschaften ins Globalnet gestellt worden ist, also: Machen Sie nur so weiter dann sind Se bald fällig“, sagte der Jugendliche hochnäsig und abfällig zu Waldemar.



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